Die Aufteilung der Aktivseite der Bilanz in Finanz- und Verwaltungsvermögen im Rahmen des harmonisierten Rechnungslegungsmodells HRM2 für Schweizer Gemeinden ist finanzrechtlich von hoher Bedeutung. Die Zuteilung ist jedoch nicht immer ganz eindeutig. Der Artikel erläutert sowohl die Unterschiede als auch die Besonderheiten der zwei Vermögensarten.
Seit der Einführung des HRM2 hat die Unterscheidung zwischen Finanz- und Verwaltungsvermögen stark an Bedeutung zugenommen. Dies, weil die beiden Vermögensarten nicht nur verschiedene kreditrechtliche Zuständigkeiten haben, sondern auch unterschiedliche Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften.
Die Grundlagen, um das Finanz- und Verwaltungsvermögen zu unterscheiden, sind im Handbuch HRM2 und in der entsprechenden Auslegung zur Fachempfehlung 11 geregelt. Für die konkrete Umsetzung und die Rechtsverbindlichkeit für Gemeinden sind die Kantone zuständig. So hat beispielsweise der Kanton St.Gallen die neue Rechnungslegung RMSG 2019 eingeführt und damit die Aufteilungspflicht der Vermögenswerte für die St.Galler Gemeinden rechtskräftig beschlossen.
Die Unterscheidung von Finanz- und Verwaltungsvermögen ist aber nicht nur bei der Einführung des neuen Rechnungsmodells zentral, sondern auch beim Kauf bzw. der Veräusserung von Vermögenswerten. Das wohl wichtigste Kriterium für die Einteilung der Vermögenswerte in Finanz- oder Verwaltungsvermögen ist der Verwendungszweck.
Das Verwaltungsvermögen stellt produktives Kapital dar und ist für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben notwendig (Schulhaus, Abwasseranlage etc.). Zudem kann ein Vermögenswert dem Verwaltungsvermögen zugeteilt werden, wenn er dem öffentlichen Interesse, z.B. dem Umweltschutz oder der Standortattraktivität, dient. Im Gegensatz dazu trägt das Finanzvermögen nicht unmittelbar dazu bei, öffentliche Aufgaben zu erfüllen, sondern dient als Kapital- oder Ertragswert.
Mit dem Finanzvermögen erwirtschaftet eine Gemeinde eine marktgerechte Rendite. Das Verwaltungsvermögen kann im Gegensatz zum Finanzvermögen nicht bedingungslos veräussert werden, ohne dass die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben gefährdet wird. Aus diesem Grund ist das Verwaltungsvermögen weder realisier- noch pfändbar.
Für die Zuteilung zum Verwaltungsvermögen sind drei Fragen zentral:
Die Grafik konkretisiert diese Zuteilung:
Eine Gemeinde besitzt ein Verwaltungsgebäude, in dem sie ihre Gemeindeaufgaben erledigt. Dieses ist klar dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen.
Wird nun ein neues Gemeindehaus errichtet und das alte nicht mehr zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe benötigt, sind das Gebäude und das Grundstück ins Finanzvermögen umzugliedern. Wird das alte Gebäude hingegen für eine Kinderkrippe zu nicht marktüblichen Preisen weitervermietet, ist ein öffentliches Interesse gegeben, und das Gebäude verbleibt im Verwaltungsvermögen.
Grundsätzlich ist auch mit Positionen im Verwaltungsvermögen eine marktübliche Rendite zu erwirtschaften (z.B. vermietete Wohnung im Gemeindehaus an eine Drittperson). Wenn eine Anschaffung jedoch im öffentlichen Interesse liegt, wird der Vermögenswert im Verwaltungsvermögen bilanziert, und ein Ertragsverzicht oder eine ungenügende Rendite ist damit begründet.
In der nachfolgenden Tabelle sind die unterschiedlichen Konsequenzen der Zuordnung zum Verwaltungs- oder Finanzvermögen dargestellt:
Finanz- und Verwaltungsvermögen zu unterscheiden, ist für jede Gemeinde von besonderem Interesse. Das Verwaltungsvermögen ist zweckgebunden und kann nur beschränkt veräussert werden. Das Finanzvermögen kann hingegen aus finanzpolitischen Überlegungen entweder gekauft oder verkauft werden. Je nach Kategorisierung der Veräusserungswerte gibt es unterschiedliche Auswirkungen auf die Rechnungslegung sowie auf die budget- und kreditrechtlichen Überlegungen einer Gemeinde. Entsprechend ist laufend zu beurteilen, ob ein Vermögenswert als Verwaltungs- oder als Finanzvermögen kategorisiert werden muss.