Obwohl der Grossteil der Schweizer Bevölkerung in einem Mietobjekt wohnt, gilt die Schweiz im internationalen Vergleich als Hypothekenweltmeisterin. Die Tiefzinsen und ein ansprechendes Wirtschaftswachstum haben in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Boom beim Wohneigentum geführt. Dabei setzen die meisten Eigentümer auf Festhypotheken, ohne zu wissen, dass deren vorzeitige Auflösung negative Überraschungen bergen kann.
Wird eine Immobilie freiwillig oder unfreiwillig (zum Beispiel wegen Scheidung, Wechsel des Arbeitsortes oder Tod des Partners) verkauft, können unerfreuliche Überraschungen auftreten. Falls die bestehende Festhypothek nicht an die Käuferschaft übergeben werden kann, legt das Finanzinstitut die Hypothekarsumme während der Restlaufzeit am Geld- oder Kapitalmarkt an. Ist der dort erhältliche Zinssatz tiefer als derjenige für die Hypothek, entsteht der Bank ein Verlust, den sie dem Kreditnehmer als Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung stellt. Bei den heutigen Negativzinsen kann sich dieser Betrag schnell auf Zehntausende Franken belaufen.
Die steuerliche Behandlung dieser Vorfälligkeitsentschädigungen wurde
bei den Kantonen unterschiedlich gehandhabt, obwohl das Bundesgericht bereits 2017
zwei Leitentscheide publiziert hat. Die Frage ist, ob und in welchen Fällen die
Vorfälligkeitsentschädigung als Schuldzinsenabzug in der privaten Steuererklärung
zugelassen wird. Mit einem erneuten Entscheid des Bundesgerichts 2019 (BGE
2C_1009/2019) und dem Verweis auf die bisherigen zwei Entscheide wurden die
drei Hypothesen bestätigt und präzisiert. Die Behandlung, ob und wie die
Vorfälligkeitsentschädigung steuerlich zu handhaben ist, kann mit folgendem
Raster bestimmt werden:
Anpassung/Veränderung der Konditionen beim bisherigen
Finanzinstitut
-> Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung als Schuldzinsen
In einigen Kantonen hat die Handhabung der Vorfälligkeitsentschädigung aufgrund dieses erneuten Bundesgerichtsentscheids eine Praxisänderung ausgelöst. Es ist zu erwarten, dass deren steuerliche Behandlung inskünftig einheitlich berücksichtigt wird.
Nichtsdestotrotz sollte man beim Abschluss einer Festhypothek die Geschäftsbedingungen bei einem allfällig vorzeitigen Ausstieg abklären. Einige Finanzinstitute sehen nur die Belastung von negativen Entwicklungen vor, während andere auch eine positive Zinsentwicklung zugunsten des Hypothekarnehmers auszahlen.
Bei einer Neu- oder Umfinanzierung der Hypothek sollte heute in der Planung berücksichtigt werden, ob man bei einem neuen oder beim bisherigen Finanzinstitut eine Finanzierung abschliesst. Es könnte zum Beispiel sinnvoll sein, den Vertrag beim bisherigen Finanzinstitut, jedoch mit stark verkürzter Laufzeit, abzuschliessen. Die definierten Leitplanken bei der steuerlichen Abzugsfähigkeit ergeben in einigen Kantonen steuerliche Nachteile, da Vorfälligkeitsentschädigungen bisher grosszügiger zum Abzug zugelassen wurden.