18.08.2022
Das neue Aktienrecht tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. In diesem Teil 3 unserer Beitragsserie zum neuen Aktienrecht wird die Zulässigkeit der Ausrichtung einer Zwischendividende (Interimsdividende) thematisiert.
In der Praxis herrscht ein verstärktes Bedürfnis nach Ausrichtung einer Dividende, die aus dem Gewinn des laufenden Geschäftsjahres ausgeschüttet wird und sich nicht auf die Jahresrechnung eines abgeschlossenen Geschäftsjahres stützt; sie wird Zwischendividende oder auch Interimsdividende genannt. Bis anhin wurde grösstenteils die Ansicht vertreten, dass die Ausrichtung einer Zwischendividende unzulässig oder nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Mit der Aktienrechtsrevision wird diese Unsicherheit durch die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Zulässigkeit der Ausschüttung einer Zwischendividende aus dem Weg geräumt.
Nach heute geltendem Recht können unterschiedliche Arten von Dividenden ausgeschüttet werden. Neben der ordentlichen Dividende sind insbesondere zwei weitere ausserordentliche Ausschüttungsmöglichkeiten nach Schweizer Recht anerkannt, nämlich die ausserordentliche Dividende und die Akontodividende.
Die ordentliche Dividende wird anlässlich der ordentlichen Generalversammlung beschlossen und aus dem Bilanzgewinn und/oder aus hierfür gebildeten Reserven gestützt auf den Jahresabschluss ausgeschüttet.
Die ausserordentliche Dividende wird nicht an der ordentlichen Generalversammlung, sondern zu einem späteren Zeitpunkt anlässlich einer ausserordentlichen Generalversammlung beschlossen und aus dem Bilanzgewinn vergangener Geschäftsjahre ausgeschüttet. Die ausserordentliche Dividende ist somit eine Ausschüttung aus dem Gewinn eines abgeschlossenen Geschäftsjahres. Sie ist zulässig, sofern freie Reserven vorhanden sind und die Revisionsstelle bestätigt, dass die Ausschüttung dem Gesetz und den Statuten der Gesellschaft entspricht.
Bei der Akontodividende handelt es sich um eine Art Bevorschussung der zukünftigen Dividende. Es liegt ein Darlehen der Gesellschaft an den Aktionär vor, dessen Rückzahlung mit der später auszuzahlenden Dividende verrechnet werden soll. Hierbei haben die Darlehen an Aktionäre im Rahmen von Akontodividenden in Bezug auf Verzinsung, Sicherstellung der Rückzahlung, Rückzahlungswillen etc. dem Drittvergleich standzuhalten, da ansonsten die Auszahlung als fiktives Darlehen und somit als geldwerte Leistung qualifiziert wird.
Ab dem 1. Januar 2023 kann gemäss Art. 675a nOR die Generalversammlung gestützt auf den vom Verwaltungsrat erstellten Zwischenabschluss die Ausrichtung von Zwischendividenden beschliessen.*
Diese unübertragbare Befugnis der Generalversammlung wurde neu – nebst der Genehmigung des Zwischenabschlusses durch die Generalversammlung – in Art. 698 Abs. 2 Ziff. 5 nOR eingeführt. Damit hat der Gesetzgeber eine gesetzliche Grundlage für die Ausrichtung einer Zwischendividende geschaffen.
Die gesetzliche Grundlage für den hierfür erforderlichen Zwischenabschluss wird in Art. 960f nOR geregelt. Demnach ist ein Zwischenabschluss nach den Vorschriften zur Jahresrechnung zu erstellen und enthält eine Bilanz, eine Erfolgsrechnung und einen Anhang. Der Anhang enthält die folgenden Angaben:
1.Den Zweck des Zwischenabschlusses,
2.die Vereinfachungen und Verkürzungen, einschliesslich allfälliger Abweichungen von den für die letzte Jahresrechnung verwendeten Grundsätzen,
3.weitere Faktoren, welche die wirtschaftliche Lage des Unternehmens während der Berichtsperiode wesentlich beeinflusst haben, insbesondere Ausführungen zur Saisonalität.
Vorschriften für grössere Unternehmen und Konzerne bleiben vorbehalten. Vereinfachungen oder Verkürzungen sind zulässig, sofern keine Beeinträchtigung der Darstellung des Geschäftsgangs entsteht. Es sind mindestens die Überschriften und Zwischensummen auszuweisen, die in der letzten Jahresrechnung enthalten sind.
Weiter ist der Zwischenabschluss als solcher zu bezeichnen und vom Vorsitzenden des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans und der innerhalb des Unternehmens für den Zwischenabschluss zuständigen Person zu unterzeichnen.
Vor dem Beschluss der Generalversammlung ist der Zwischenabschluss durch die Revisionsstelle zu prüfen. Betreffend den Inhalt der Prüfung verweist das Gesetz auf die Bestimmungen zur ordentlichen Dividende (Art. 675a Abs. 3 nOR i.V.m. Art. 675 Abs. 2 OR). Die Revisionsstelle prüft den Zwischenabschluss sowie den Antrag des Verwaltungsrates an die Generalversammlung betreffend die Verwendung des Zwischengewinns und die Zuweisung an die Reserven. Die Prüfungspflicht entfällt jedoch, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen alternativ erfüllt sind:
1.Die Gesellschaft hat auf eine eingeschränkte Revision gemäss Art. 727a Abs. 2 OR verzichtet, weil die Voraussetzungen für eine ordentliche Revision nicht gegeben sind und diese nicht mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt hat (Opting-out); oder
2.sämtliche Aktionäre der Gesellschaft stimmen der Ausrichtung der Zwischendividende zu und es werden dadurch keine Forderungen der Gläubiger gefährdet.
Verzichtet die Gesellschaft auf die Prüfung durch die Revisionsstelle, obwohl die Forderungen von Gläubigern gefährdet sind, ist der Dividendenbeschluss gemäss Art. 731 Abs. 3 OR nichtig.
* Die Vorschriften des Aktienrechts über Dividenden, Zwischendividenden, Bauzinsen und Tantiemen sind für die GmbH entsprechend anwendbar (Art. 798 nOR).
Zusammenfassend ist ab dem 1. Januar 2023 folgendes Vorgehen bei der Ausschüttung einer Zwischendividende einzuhalten:
1.Erstellung Zwischenabschluss und Formulierung Antrag betreffend Verwendung des Zwischengewinns und Zuweisung an die Reserven durch Verwaltungsrat
2.Prüfung Zwischenabschluss und Antrag des Verwaltungsrates durch Revisionsstelle, je nach dem nicht erforderlich
3.Durchführung einer ausserordentlichen Generalversammlung betreffend Genehmigung Zwischenabschluss und Festsetzung der Zwischendividende
Falls Sie im neuen Jahr die Ausrichtung einer Zwischendividende beabsichtigen, unterstützen wir Sie hierbei gerne und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!