BGE 4A_619/2016, Urteil vom 15. März 2017: Bei Konzernen kann es unklar sein, welche Konzerngesellschaft tatsächlich als Arbeitgeberin auftritt und somit im Streitfall als Arbeitgeberin einzuklagen ist. Es ist daher zu empfehlen, den tatsächlichen Parteiwillen in einem juristisch sauber formulierten Arbeitsvertrag korrekt wiederzugeben.
Die Y Inc. mit Hauptsitz in Toronto (Kanada) hat im August 2006 die Tochtergesellschaft Z SA mit Sitz in Genf gegründet. Bereits einen Monat vorher hat die Muttergesellschaft Y Inc. mit X einen Arbeitsvertrag betreffend seiner Anstellung als Vizepräsident des Verwaltungsrats und Geschäftsführer bei der Z SA abgeschlossen. Der Arbeitsvertrag wurde als provisorisch bezeichnet und sollte spätestens Ende August 2006 durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag nach schweizerischem Recht zwischen der Z SA und X ersetzt werden, was jedoch nicht geschehen ist. In der Folge arbeitete X für die Z SA in Genf und in Zürich, die im April 2009 das Arbeitsverhältnis mit X fristlos kündigte.
Im September 2009 verklagte X die Z SA und die Y Inc. solidarisch unter anderem wegen ungerechtfertigter fristloser Entlassung beim Tribunal des prud'hommes de Genève. Anschliessend wurde über die Z SA der Konkurs eröffnet. Im August 2011 entschied sich das Tribunal für das Vorliegen eines Arbeitsvertrags zwischen X und der Z SA. Die Klage gegen die Y Inc. wurde mangels Arbeitgebereigenschaft abgewiesen. Im September 2016 wurde dieses Urteil von der Chambre des prud'hommes de la Cour de justice du canton de Genève bestätigt.
Dagegen reichte X Beschwerde beim Bundesgericht ein. Das Bundesgericht hielt fest, dass das Vorliegen eines Vertrags sowie sein Inhalt nach dem gemeinsamen Parteiwillen zu beurteilen sei. Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR sei hierbei auf den wirklichen Willen und nicht auf die unrichtige Bezeichnung oder Ausdrucksweise abzustellen. Aufgabe des Richters sei es, den wirklichen Willen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände durch Auslegung zu ermitteln. Das Vorliegen eines Arbeitsvertrags würde von vier Bedingungen abhängen, nämlich von der Erbringung einer Arbeitsleistung, einer bestimmten Dauer, einem Unterordnungsverhältnis sowie einem Arbeitslohn. Das Bundesgericht stellte fest, dass X ausdrücklich als Vizepräsident und Geschäftsführer der Z SA angestellt worden war und als leitender Angestellter für die Z SA für die Dauer von rund 2 ¾ Jahren in Genf und in Zürich gearbeitet hat. Das Gehalt sowie Boni wurden X ebenfalls von der Z SA bezahlt und die Weisungsgewalt wurde von deren Verwaltungsratspräsidenten ausgeübt. Damit sei bewiesen, dass X den wirklichen Willen gehabt habe, sich an die Z SA zu binden.
Infolgedessen schützte das Bundesgericht das vorinstanzliche Urteil und bejahte aufgrund des Verhaltens der Parteien das Zustandekommen eines Arbeitsvertrags zwischen X und der Z SA, bei dem stillschweigend auf die ursprünglich verabredete Schriftform verzichtet worden sei. Die Beschwerde wurde abgewiesen.
Bei Konzernen kann es unklar sein, welche Konzerngesellschaft tatsächlich als Arbeitgeberin auftritt und somit im Streitfall als Arbeitgeberin einzuklagen ist. Es ist daher zu empfehlen, den tatsächlichen Parteiwillen in einem juristisch sauber formulierten Arbeitsvertrag korrekt wiederzugeben.
Quelle: HR Today, Ausgabe 2/2018