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24.01.2019

Bezugsteuer – eine Unbekannte im Mehrwertsteuergesetz

Bezugsteuer – eine Unbekannte im Mehrwertsteuergesetz

Wer regelmässig Dienstleistungen aus dem Ausland bezieht, ist unter Umständen mehrwertsteuerpflichtig – unabhängig davon, ob es sich um eine Privatperson oder ein Unternehmen handelt. Wer Waren aus dem Ausland bezieht, bezahlt an der Grenze die Schweizer MWST. Beim Bezug einer Dienstleistung wird zwar nichts Physisches über den Zoll geführt, dennoch ist auch hier die MWST geschuldet. Die Bezugsteuer kann als «Einfuhrsteuer» für Dienstleistungen betrachtet werden.

Für bestimmte Leistungen von ausländischen Unternehmen ist die Bezugsteuer geschuldet. Voraussetzung dafür ist, dass das ausländische Unternehmen nicht der Schweizer Mehrwertsteuer (MWST) unterstellt ist und dass diese nicht über den Zoll erhoben werden kann. Die Bezugsteuer ist ein Mittel, die in- und ausländischen Anbieter aus MWST-Sicht gleichzustellen, verhindert sie doch einen Wettbewerbsnachteil der inländischen Unternehmen gegenüber den ausländischen Konkurrenten.


In den folgenden Ausführungen wird immer davon ausgegangen, dass das leistungserbringende Unternehmen den Sitz im Ausland hat und nicht bei der Schweizer MWST registriert ist (aufgepasst bei Fiskalvertretungen). Im Weiteren werden keine Leistungen behandelt, die in der Schweiz (Inland) von der Steuer ausgenommen oder befreit sind, denn auf diese ist keine Bezugsteuer geschuldet.

Wer ist steuerpflichtig?

Bei der Frage «Wer ist steuerpflichtig?» ist primär zwischen zwei Gruppen zu unterscheiden. In die erste Gruppe gehören sämtliche in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtigen Leistungsbezüger. In der Regel sind das Unternehmen. Für sämtliche Leistungen, die der Bezugsteuer unterliegen, ist eine Steuer geschuldet.


Die zweite Gruppe besteht aus nicht mehrwertsteuerpflichtigen Leistungsempfängern. Dies können Schulen, Kleinunternehmen oder auch Privatpersonen sein. Bei dieser Kategorie beginnt die Steuerpflicht erst ab einem Bezug von mehr als 10'000 Franken pro Kalenderjahr.

Was wird besteuert?

Im Folgenden wird auf die verschiedenen Leistungen eingegangen, die der Bezugsteuer unterliegen können. Dabei werden immer die Bedingungen aus dem ersten Abschnitt beachtet.


1. Dienstleistungen
Dienstleistungen, die dem Empfängerortsprinzip unterliegen und deren Ort der Leistungserbringung im Inland (Schweiz) liegt, sind der Bezugsteuer unterstellt. Grundsätzlich unterliegen alle Dienstleistungen dem Empfängerortsprinzip. Ausnahmen werden im Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a-g des Mehrwertsteuergesetzes aufgeführt.


Dem Empfängerortsprinzip unterliegen beispielsweise:


  • Abtretung und Einräumung von immateriellen Rechten (Lizenzen und/oder Software-Abos)
  • Leistungen auf dem Gebiet der Werbung (klassische Werbeagenturen, heute vermehrt Anbieter wie Google Ads)
  • Leistungen von Beratern, Vermögensverwaltern, Treuhändern, Anwälten etc.
  • Managementdienstleistungen
  • Datenverarbeitung
  • Personalverleih
  • Telekommunikations- oder elektronische Dienstleistungen (Telefonie, Internet, Roaming, Internetfernsehen, Bereitstellen von Webseiten, Webhosting etc.)


Bei Letzterem gilt eine Ausnahme, wenn der Leistungsempfänger nicht steuerpflichtig ist. In diesem Fall unterliegen Telekommunikations- und elektronische Dienstleistungen nie der Bezugsteuer.


2. Einfuhr von Datenträgern ohne Marktwert
Ist bei der Einfuhr von Datenträgern kein Marktwert feststellbar, wird der Datenträger und die darauf befindliche Dienstleistung durch die Bezugsteuer versteuert. Die Art des Datenträgers ist dabei nicht wesentlich. Ein Beispiel: Ein inländisches Unternehmen erhält von einem deutschen Programmierunternehmen einen USB-Stick. Die Bezahlung erfolgt durch eine wiederkehrende Lizenzgebühr. Bei der Einfuhr dieses Datenträgers fallen keine Steuern an. Die Lizenzgebühren sind mit der Bezugsteuer abzurechnen.


3. Lieferung von unbeweglichen Gegenständen
Diese unterliegen der Bezugsteuer, sofern sie nicht über die Einfuhrsteuer erfasst und die Gegenstände nicht zum Gebrauch oder Nutzen überlassen wurden. Als unbewegliche Gegenstände gelten Gebäude und Grundstücke. In der Schweiz gilt die Reparatur oder Bearbeitung als Lieferung und nicht als Dienstleistung. Dies steht im Gegensatz zur steuerlichen Betrachtung in Deutschland. Somit gelten beispielsweise Arbeiten wie Umbauten, Renovierungen, Reparaturen, Abbau- und Abbrucharbeiten, Wartungen sowie Instandhaltungen (Maler- und Reinigungsarbeiten) als Leistungen und sind mit der Bezugsteuer abzurechnen.


Bei der Einfuhr von Gegenständen erhebt der Zoll die Einfuhrsteuer auf dem Warenwert sowie den damit verbundenen werkvertraglichen Arbeiten. In diesem Fall ist keine Bezugsteuer geschuldet.


4. Lieferung von Elektrizität, Gas und Fernwärme
Liefert ein ausländisches Unternehmen an eine in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtige Person Elektrizität in Leitungen, Gas über das Erdgasverteilnetz oder Fernwärme, unterliegt die Lieferung der Bezugsteuer. Erfolgt die Lieferung an einen nicht mehrwertsteuerpflichtigen Leistungsempfänger, unterliegt die Lieferung der Inlandsteuer.

Abrechnung der Bezugsteuer

Um die Abrechnung der Bezugsteuer zu beleuchten, kommen wir noch einmal auf unsere beiden Gruppen zurück. Bei der ersten Gruppe erfolgt die Deklaration über die MWST-Abrechnung. Zu beachten sind dabei die unterschiedlichen Abrechnungsarten (Effektiv / Saldosteuersatz / Vorsteuerkürzung).


Bei der effektiven Abrechnung ist die Bezugsteuer ein Nullsummenspiel, da die deklarierte Bezugsteuer im gleichen Quartal direkt als Vorsteuer abgezogen wird.


Beim Abrechnen mit dem Saldosteuersatz ist die Bezugsteuer mit 7.7% MWST und nicht zum Saldosteuersatz zu deklarieren. Die nicht steuerpflichtigen Leistungsbezüger aus Gruppe 2 haben nach Ablauf des Kalenderjahrs 60 Tage Zeit, der ESTV schriftlich mitzuteilen, dass sie den Grenzwert von 10'000 Franken überschritten haben.

Fazit

Bei Unternehmen ist die Bezugsteuer in vielen Fällen ein Nullsummenspiel. Eine korrekte Deklaration ist dennoch wichtig, denn sie erspart Diskussionen bei einer Mehrwertsteuer- Kontrolle. Bei der Frage, ob ein Methodenwechsel sinnvoll ist oder ob eine freiwillige Registrierung bei der Mehrwertsteuer einen finanziellen Nutzen bringt, kann die Bezugsteuer ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.