17.09.2020
Eine Schwangerschaft bringt sowohl für die Arbeitnehmerin als auch für das Unternehmen, bei dem sie angestellt ist, verschiedene Fragen mit sich. Nachfolgender Artikel zeigt die Besonderheiten der Kündigungsschutzvorschriften sowie mögliche Varianten im Zusammenhang mit dem Auflösen von Arbeitsverhältnissen infolge Schwangerschaft auf.
Bei einer Schwangerschaft geniessen Arbeitnehmerinnen einen umfassenden Kündigungsschutz. Nach Ablauf der Probezeit darf ein Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft und in den der Niederkunft nachfolgenden 16 Wochen gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. c OR nicht einseitig auflösen. Zudem dürfen schwangere Mitarbeiterinnen der Arbeit auf blosse Anzeige hin und ohne Arztzeugnis fernbleiben oder den Arbeitsplatz verlassen.
Nach der Niederkunft dürfen sie während acht Wochen gar nicht und im Anschluss bis zur 16. Woche nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden.
Etwas anders präsentiert sich die Situation während der laufenden Probezeit. In diesem Fall gelten die vorgenannten Kündigungsschutzbestimmungen nicht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin während laufender Probezeit grundsätzlich kündigen darf. Wenn die Schwangerschaft jedoch der Kündigungsgrund ist, ist die Kündigung diskriminierend, auch wenn sie während der Probezeit erfolgt, und die Arbeitnehmerin kann eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen einfordern.
Während eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung während der Schwangerschaft nichtig ist und auch nach Ablauf der Sperrfrist wirkungslos bleibt, darf die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis trotz Schwangerschaft jederzeit kündigen.
Ebenso steht es ihr frei, das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einverständnis mit dem Arbeitgeber mittels eines Aufhebungsvertrags aufzulösen.
Der Kündigungsschutz besteht bereits ab dem ersten Tag der Schwangerschaft. Das heisst, dass sich dieser auch rückwirkend auswirken kann, nämlich dann, wenn die zum Zeitpunkt der erhaltenen Kündigung bereits schwangere Arbeitnehmerin hiervon selber noch gar keine Kenntnis hatte. Ebenso erfolgt eine Rückwirkung, wenn die Arbeitnehmerin zwar selber von der Schwangerschaft weiss, diese jedoch dem Arbeitgeber – aus welchen Gründen auch immer – noch nicht mitgeteilt hat.
Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung vor bestehender Schwangerschaft aus und wird die Arbeitnehmerin während der laufenden Kündigungsfrist schwanger, wird die Kündigungsfrist unterbrochen und läuft erst nach dem Ende der Sperrfrist weiter (Art. 336c Abs. 2 OR). Falls die durch solche Umstände verlängerte Kündigungsfrist nicht auf einen ordentlichen Kündigungstermin (z.B. Ende eines Monats) fällt, verlängert sie sich ohne Weiteres bis zum nächstmöglichen Kündigungstermin (Art. 336c Abs. 3 OR).
Wie bereits erläutert bestehen die Kündigungsschutzvorschriften nur zu Lasten des Arbeitgebers. Die schwangere Arbeitnehmerin bzw. die Wöchnerin kann das laufende Arbeitsverhältnis jederzeit kündigen. Allerdings sollte sie beachten, dass der Zeitpunkt des Arbeitsvertragsendes Einfluss auf ihre Lohn- und Lohnfortzahlungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber hat.
Insbesondere für den Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung wird ein bestehendes Arbeitsverhältnis vorausgesetzt. Allenfalls noch bestehende Ferien- und Überstundenguthaben sind ebenfalls zu berücksichtigen, denn der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung besteht für die Dauer von 14 Wochen. Die Arbeitnehmerin kann in den ersten 16 Wochen nach der Niederkunft jedoch nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. Somit kann in Bezug auf den Lohnanspruch eine Lücke von zwei Wochen entstehen, die unter Umständen mit einem noch bestehenden Ferien- und/oder Überstundenanspruch kompensiert werden kann.
Die Arbeitnehmerin hat immer auch die Möglichkeit, den Arbeitsvertrag mit dem Arbeitgeber einvernehmlich und im gegenseitigen Einverständnis aufzuheben.
Weil ein Aufhebungsvertrag das Ende des Vertragsverhältnisses definiert, kann ein solches in der Folge nicht mehr durch Krankheiten oder andere Sperrfristentatbestände hinausgeschoben werden. Ebenso können auch allfällig noch bestehende Ferien- und Überstundenguthaben klar geregelt werden. Trotzdem ist dem Arbeitgeber im Falle des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags zur Vorsicht geraten: Um dem Kündigungsschutz rechtgenügend Rechnung zu tragen, muss der Aufhebungsvertrag ausgewogen sein und der Arbeitgeber darf die Arbeitnehmerin keinesfalls unter Druck setzen.
Zu beachten ist in diesem Fall auch Art. 341 OR. Dieser hält fest, dass die Arbeitnehmerinnen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wie auch einen Monat nach dessen Beendigung nicht auf zwingende Forderungen verzichten können.
Zur immer wieder auftauchenden Frage, wie weit die Arbeitnehmerin verpflichtet ist, ihre Schwangerschaft frühzeitig mitzuteilen, ist Folgendes zu sagen: Grundsätzlich besteht für die Arbeitnehmerin keine gesetzliche Verpflichtung, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft umgehend mitzuteilen. Eine Verpflichtung kann ausnahmsweise dann bestehen, wenn infolge der Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot oder andere Schutzmassnahmen zugunsten der Arbeitnehmerin greifen würden. Will die Schwangere die ihr gesetzlich zustehenden Schutzbestimmungen (Kündigungsschutz, angepasste Tätigkeit, Arbeitszeiten usw.) in Anspruch nehmen, ist sie verpflichtet, den Arbeitgeber oder die entsprechend zuständigen Stellen zu orientieren. Falls der Arbeitgeber betreffend die Schwangerschaft ein ärztliches Attest oder einen entsprechenden Nachweis verlangt, muss er die in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten tragen.