Steigende Fluktuationsraten und ein allgegenwärtiger Fachkräftemangel – KMU kennen es nur allzu gut: Passende Mitarbeitende zu finden, ist zeitintensiv und kostspielig, diese anschliessend auch langfristig zu binden, stellt teilweise eine noch grössere Herausforderung dar. Somit geht die langfristige Mitarbeiterbindung weit über die blosse Vermeidung von Kündigungen hinaus: Sie umfasst gezielte – zum Unternehmen passende – Massnahmen, um den Fachkräftemangel zu entschärfen, die Loyalität und Leistungsbereitschaft der Mitarbeitenden zu fördern sowie den Verlust von Know-how zu reduzieren. Doch wie genau können Schlüsselmitarbeitende gehalten werden? Es gibt zahlreiche Ansätze, die mit vergleichsweise geringen Kosten einen hohen Nutzen erzielen. Dazu gehören unter anderem das Zeigen authentischer Wertschätzung, der Miteinbezug von Mitarbeitenden in Entscheidungen wie auch das Etablieren einer konstruktiven Feedbackkultur.
Die authentische Wertschätzung kostet wenig, kann aber viel bei den Mitarbeitenden bewirken. «Heute schon gelobt?» Diese auf einen Post-it geschriebene und an den Bildschirm geklebte Erinnerung eines Metallbauunternehmers stellt einen einfachen Mechanismus dar, um sich daran zu erinnern, die Mitarbeitenden für ihren Einsatz und die positiven Leistungen aktiv zu loben. Denn Dankbarkeit und Lob werden oft nur für zusätzlich geleistete Arbeit ausgesprochen, da oft alles andere als normal betrachtet wird. Dabei geht es nicht darum, dass Mitarbeitende von ihren Vorgesetzten konstant hören müssen, wie gut sie ihre Arbeit erledigen. Es geht vielmehr darum, kurze, ehrlich gemeinte Rückmeldungen wie «Super gemacht, danke für deine Arbeit» oder «Ich schätze deine Arbeit sehr» in informelle Situationen des Arbeitsalltags zu integrieren oder konkrete Handlungen der Mitarbeitenden zu loben. Dazu gehört auch, in schwierigen Situationen ein offenes Ohr zu haben und Unterstützung anzubieten. Konkret bedeutet dies, dass Führungskräfte sich aktiv nach dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden erkundigen und ihnen aufrichtig zuhören. Diese Art der Wertschätzung kann das Vertrauen zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden stärken sowie zu einer höheren Leistungsbereitschaft führen. Zu betonen ist, dass Mitarbeitende Wertschätzung unterschiedlich wahrnehmen. Während einige Mitarbeitende aktives Lob möchten, stellt für andere ein Mitspracherecht eine wichtige Art der Wertschätzung dar. Somit ist es wichtig, herauszufinden, welche Art der Anerkennung von den jeweiligen Mitarbeitenden geschätzt wird.
Um Selbstorganisation und Verantwortung zu fördern, können Mitarbeitende aktiv in unternehmensrelevante Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Dieser Miteinbezug kann unterschiedlich gestaltet werden – von der Rekrutierung neuer Mitarbeitender (von Mitentscheidung bis zu einem Vetorecht) über die Organisation von Teamevents (z.B. durch Vorgabe eines Budgets und bestimmter Ziele) bis hin zur gemeinsamen Entwicklung der Werte der Unternehmenskultur. Besonders in KMU mit flachen Hierarchien kann es sinnvoll sein, Mitarbeitende stärker einzubinden. Dies gibt ihnen das Gefühl, dass ihre Meinung zählt und sie aktiv zur Gestaltung des Unternehmens – und dessen Erfolg – beitragen können. Obwohl der Einbezug mehr Zeit in Anspruch nehmen und somit die Entscheidungsprozesse verlängern kann, überwiegen die positiven Effekte: Mitarbeitende identifizieren sich stärker mit den gemachten Entscheidungen und somit mit dem Unternehmen.
Feedback ist mehr als nur ein jährlich stattfindendes Mitarbeitergespräch – es handelt sich um einen kontinuierlichen Austausch zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden, um das gegenseitige Verständnis zu fördern. Neben dem klärenden Informationsaustausch schaffen regelmässige, dafür kürzere Mitarbeitergespräche Vertrauen und ermöglichen eine direkte, transparente Kommunikation.
Besonders jüngere Generationen, die schnelles und direktes Feedback aus den sozialen Medien gewohnt sind, legen grossen Wert auf zeitnahes Feedback. Hier gilt es, die Erwartungshaltung zu klären, wie und in welchem Abstand Feedback gegeben wird. Wann kann mit einer Rückmeldung z.B. auf E-Mails gerechnet werden? In vielen Firmen gilt die Regelung, dass auf E-Mails innerhalb eines Tages reagiert werden soll.
Nebst den bereits besprochenen Massnahmen zählen auch passende Arbeits(zeit)modelle sowie Personalentwicklungsmöglichkeiten zu den sogenannten immateriellen Ansätzen. Auch Austritte von Mitarbeitenden aus dem Unternehmen können positiv gestaltet werden, mit dem Ziel, diese Personen als Botschafter des Unternehmens zu gewinnen oder die Verbindung mit ihnen über ein Ehemaligennetzwerk zu halten. In unserem Leitfaden zur Mitarbeiterbindung in KMU gehen wir auch auf die materiellen Ansätze wie den Lohn, die Erfolgsbeteiligung oder Lohnnebenleistungen ein, denn all diese Massnahmen werden in der Gesamtheit von den Mitarbeitenden wahrgenommen. Oft kann beobachtet werden, dass je stärker ein Unternehmen mit immateriellen Massnahmen aufgestellt ist (z.B. eine angenehme Arbeitsatmosphäre), desto weniger ist eine Differenzierung über den Lohn nötig – und umgekehrt. Die Wahl der Massnahmen soll individuell auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden und der Firma abgestimmt werden.