04.07.2018
Bundesverwaltungsgericht, A-6127/2017, Urteil vom 30. April 2018: Da das Bundespersonalgesetz keine Bestimmungen zum Arbeitszeugnis enthält, gelangen privatrechtliche Regelungen zur Anwendung. Wir fassen die wichtigsten Grundsätze zusammen.
Gegenstand dieses Urteils war ein öffentliches Dienstverhältnis eines Angestellten beim Bundesamt für Polizei. Das Verfahren war öffentlich-rechtlicher Natur, weshalb sich die ergangenen Verfügungen auf das Bundespersonalgesetz stützten.
Im Wesentlichen rügte der Arbeitnehmer die Formulierung seines Arbeitszeugnisses, das er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten hatte. Da das Bundespersonalgesetz keine Bestimmungen zum Arbeitszeugnis enthält, gelangen sinngemäss privatrechtliche Regelungen nach Art. 330a des Obligationenrechts zur Anwendung. Nachfolgend werden die wichtigsten Grundsätze dieses Entscheids bezüglich der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses zusammengefasst.
Ein Arbeitnehmer kann jederzeit ein Arbeitszeugnis verlangen, das über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, seine Leistungen sowie sein Verhalten Auskunft gibt. Man spricht von einem qualifizierten Zeugnis, welches das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers grundsätzlich fördern und daher möglichst wohlwollend formuliert werden soll. Gleichzeitig soll es aber auch einem zukünftigen Arbeitgeber ein möglichst getreues Abbild der bisherigen Tätigkeit, der Leistung und des Verhaltens eines Arbeitnehmers aufzeigen. Deshalb muss es grundsätzlich wahr und vollständig sein. Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein objektiv wahres, nicht aber auf ein gutes Arbeitszeugnis. Der Grundsatz der Wahrheit geht dem Grundsatz des Wohlwollens vor. Entsprechend wurde in verschiedenen Urteilen das Arbeitgeberinteresse an der Zuverlässigkeit von Aussagen in Arbeitszeugnissen höher eingestuft, als das Interesse des Arbeitnehmers an einem möglichst günstigen Zeugnis.
In Bezug auf den Wahrheitsgehalt entscheidet, ob die Aussagen im Arbeitszeugnis gemäss Verständnis eines unbeteiligten Dritten den Tatsachen entsprechen. Es dürfen und müssen auch negative Tatsachen im Arbeitszeugnis erwähnt werden, wenn sie für die Gesamtbeurteilung erheblich sind. Ein Beendigungsgrund darf grundsätzlich nicht gegen den Willen des Arbeitnehmers erwähnt werden, ausser wenn dieser Grund für die Darstellung des Gesamtbilds relevant ist. Eine Krankheit ist als negative Tatsache nur dann zu erwähnen, wenn diese einen erheblichen Einfluss auf die Leistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers hatte, dessen Eignung zur Erfüllung der bisherigen Aufgaben in Frage stellte und damit einen sachlichen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses bildete. Längere Arbeitsunterbrüche – auch krankheitsbedingte – sind zu erwähnen, wenn sie im Verhältnis zur Beschäftigungsdauer erheblich ins Gewicht fallen und ohne Erwähnung bezüglich der erworbenen Berufserfahrung einen falschen Eindruck vermitteln würden. In Bezug auf die Wortwahl und den Wortlaut hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der erwähnten Grundsätze einen gewissen Ermessensspielraum. Der Arbeitnehmer hat aber keinen Anspruch auf einen bestimmten Zeugnisinhalt oder gewünschte Formulierungen.
Quelle: HR Today, Ausgabe 7/8 | 2018