22.03.2018
Die Finanzkrise hat vor zehn Jahren zu bedeutenden Unterdeckungen bei Pensionskassen geführt. Seither haben sich die Märkte zwar erfreulich erholt, Experten rechnen mittelfristig aber mit einem erneuten Sturm. Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) hat rechtzeitig eine Weisung zu Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge erlassen.
Die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 hatte bei den Pensionskassen Ende 2008 zu einem durchschnittlichen Deckungsgrad von unter 95% geführt. Rund 60% der Einrichtungen waren in Unterdeckung. Seit 2009 haben sich die Anlagemärkte erfreulich entwickelt. Der Index Pictet BVG 25 Plus zeigt eine durchschnittliche Rendite 2009-2017 von knapp unter 6%. Die Auswirkung der demografischen Entwicklung hat jedoch einen Teil dieser Rendite beansprucht. So ist im gleichen Zeitraum der durchschnittliche technische Zinssatz von 3.5% auf 2.25% gesunken. Aktuell befinden sich nur wenige Pensionskassen in Unterdeckung. Bei vielen Vorsorgeeinrichtungen besteht allerdings auch keine volle Risikofähigkeit, d.h. sie verfügen nicht über entsprechende freie Mittel.
Die Anlageaussichten 2018 erscheinen positiv. Trotzdem weisen viele Anlagespezialisten auf Risiken hin. Verluste an den Anlagemärkten sowie eine weitere Senkung des technischen Zinssatzes könnte bei vielen Pensionskassen wieder zu einer Unterdeckung führen.
Im Oktober 2004 hatte der Bundesrat Weisungen über Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge erlassen. Die Kompetenz zum Erlass von Weisungen ist mit Inkrafttreten der Strukturreform auf die OAK BV übergegangen. Rechtzeitig vor der nächsten Finanzkrise hat die Kommission nun unter dem Titel «Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge» eine Weisung erlassen, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist.
Diese übernimmt im Grossen und Ganzen die Bestimmungen des Bundesrats aus dem Jahr 2004. Die Aufgaben des Experten, der Revisionsstelle und der Aufsichtsbehörde sind übersichtlicher dargestellt. Vorsorgeeinrichtungen mit mehreren Vorsorgewerken werden genauer geregelt. Dabei wird aber auch massgeblich die bisherige Praxis dieser Institution übernommen. Es wurde nun klar definiert, dass sich die Weisung auf jedes einzelne Vorsorgewerk in Unterdeckung bezieht. Damit kann sich eine Sammeleinrichtung gesamthaft in Überdeckung befinden. Ein einzelner Anschluss mit Unterdeckung genügt jedoch und die Weisung der OAK BV muss umgesetzt werden. Für die Prüfer ist nebst der Weisung auch der Prüfungshinweis 40 von EXPERTsuisse, welcher von der OAK BV als allgemeinverbindlich erklärt wurde, massgebend. Eine angepasste Version ist im ersten Semester 2018 zu erwarten. Darin wurde insbesondere die Berichterstattung von Sammeleinrichtungen in Unterdeckung neu geregelt.
Die gute Börsensituation der letzten Jahre liess das Thema Unterdeckung etwas in Vergessenheit geraten. Sicher ist, dass dieses Thema (vermutlich mit einem Schlag) zurückkehren wird, unsicher ist lediglich der Zeitpunkt.
Die Einhaltung und die Wahrung des finanziellen Gleichgewichts ist eine Daueraufgabe der Vorsorgeeinrichtung, vertreten durch das oberste Organ, den Stiftungsrat. In Art. 65 BVG ist der Grundsatz festgehalten, dass eine Vorsorgeeinrichtung jederzeit Sicherheit dafür bieten muss, dass sie die übernommenen Verpflichtungen erfüllen kann. Eine zeitlich begrenzte Unterdeckung ist gesetzlich toleriert (Art. 65c BVG). Es sind allerdings Massnahmen zu ergreifen bzw. aufzuzeigen, um die Unterdeckung in einer angemessenen Frist zu beheben. Die gesetzlichen Leistungen müssen jederzeit erbracht werden können.
Sofern eine Unterdeckung eingetreten ist, hat das oberste Organ einiges zu beachten bzw. umzusetzen:
Die ergriffenen Massnahmen müssen dem Ausmass der Unterdeckung entsprechen. Eine geringe Unterdeckung liegt vor, wenn die Vorsorgeeinrichtung diese ohne Sanierungsmassnahmen gemäss Art. 65d Abs. 3 BVG innerhalb von fünf Jahren beheben kann. Die Sanierungsdauer einer erheblichen Unterdeckung sollte nicht länger als fünf bis sieben Jahre, maximal jedoch zehn Jahre betragen.
Mögliche Sanierungsmassnahmen sind:
Die Sanierungsmassnahmen müssen gesetzeskonform sein und auf einer reglementarischen Grundlage beruhen. Die Massnahmen dürfen weder wohlerworbene Rechte verletzen noch eine widerrechtliche Rückwirkung haben. Sanierungsmassnahmen im Bereich der Leistungen sind oftmals mit der Möglichkeit verbunden, die «verlorenen» Leistungen wieder einzukaufen.
Die neue Weisung der OAK BV bringt grundsätzlich nichts Neues. Trotzdem sollte sich der Stiftungsrat wieder einmal mit diesem Thema auseinandersetzen. Viele Vorsorgeeinrichtungen haben noch keine volle Risikofähigkeit erlangt. Weitere Senkungen des technischen Zinssatzes stehen an und müssen finanziert werden. Eine Finanzkrise kann schnell zu einer massgeblichen Unterdeckung führen. Wir empfehlen, mögliche Sanierungsmassnahmen schon vor einer Unterdeckung zu evaluieren. Das Rettungsboot sollte vor dem Sturm bereitstehen.